Die Weltbeschreibung Gihanuma (Kosmorama) des osmanischen Universalgelehrten Katib Celebi (1609-1657) markiert einen fundamentalen Wendepunkt der türkischen Geistesgeschichte, den Beginn der systematischen Inkorporierung europäischer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den aktuellen Wissenskanon. Wie hat sich diese Wende im Einzelnen gestaltet? Hat moderne europäische Wissenschaft, wie bisher angenommen, die reiche islamische Tradition schlagartig verdrängt? Da Geographie als Weltbeschreibung und Weltdeutung naturwissenschaftliches ebenso wie historisches und religiöses Gedankengut reflektiert, kann diese Studie des Gihanuma einen weiten Überblick über diese Gebiete und ihren Wandel im Verlaufe der jahrzehntelangen Textgeschichte geben. Breite Dokumentation der vom Autor benutzten Quellen und eine minutiöse Analyse der vorhandenen Autographen lassen gleichzeitig eine bislang ungekannte Nahaufnahme von Lebensumständen, Arbeitsweise und intellektuellem Horizont eines osmanischen Gelehrten im 17. Jahrhundert entstehen. Osmanische Autoren hatten die islamische Geographie wiederbelebt. Mit Katib Celebi wurde - abseits des politischen Machtzentrums - der traditionelle religiöse Aspekt der Geographie zunehmend von politisch-praktischen Interessen überlagert. In Geschichte und Naturwissenschaft wurde die empirische Regelhaftigkeit immer mehr in den Vordergrund gestellt, ohne dass sich jedoch eine rein säkulare Weltanschauung durchsetzte. Geographisches Wissen aus europäischen Quellen konnte einer solchen Darstellung weitgehend bruchlos einverleibt werden.
Boyut: 16x24, Sayfa Sayısı: XI+531, Basım Yeri: Berlin, Basım Tarihi: 2003, Kapak Türü: Ciltli, Kağıt Türü: 1. hamur, Dil: Almanca